Reformation 2017 in den Kirchenkreisen Aachen . Jülich . Gladbach-Neuss . Krefeld-Viersen

Reformationssynode bereichert, bewegt und inspiriert

„Sich als evangelische Provinzler nicht nur um uns selbst drehen“ – Aachener Delegierte begeistert über internationale, mehrsprachige Synode

In den weißen Pavillons des „World Café“ vor der Hauptkirche in Rheydt stehen die Delegierten aus Deutschland und Tansania, Indonesien und Namibia, aus den Niederlanden, Marokko und Belgien bunt gemischt in angeregter Diskussion beieinander. Viele diskutieren auf Englisch, manche auch auf Französisch. „Wir müssen überall von Gott sprechen, nicht nur in der Kirche“, sagt jemand. „Wir müssen überhaupt mehr über unseren Glauben sprechen!“ In einer anderen Gruppe geht es um die Rolle des Geldes in der Gesellschaft. Der nächste Kreis spricht über die zu geringen Teilnehmerzahlen in Gottesdiensten – welche allerdings in Aachen, auf Sumatra und in Tansania jeweils völlig unterschiedliche Gründe hat.

Nachbarn in der Nähe und Ferne einbezogen

„Die Stimmung unter den Synodalen ist sehr gut“, sagt Pfarrer Jens-Peter Bentzin, stellvertretender Geschäftsführer des Reformationsjubiläums „im Kleeblatt“ und Mitglied des Moderamens der Reformationssynode. „Und ich denke, der Grund dafür ist, dass bei allen Teilnehmern rübergekommen ist, dass wir es ernst meinen mit der Gemeinschaft, die wir hier leben.“ Mit den mehrsprachigen Tagungs-Unterlagen auf Deutsch, Englisch und Französisch, den Simultanübersetzungen in der Kirche sowie den Predigten aus Indonesien und Marokko sei die Gemeinschaft der Christen in aller Welt sichtbar und hörbar gemacht worden. „Wir haben es geschafft, für diese Veranstaltung ein Format zu entwickeln, so dass wir uns als evangelische Provinzler nicht nur um uns selber drehen, sondern auch unsere Nachbarn in der Nähe und der Ferne einbeziehen.“

Präses Rekowski: "Reformationssynode richtig gute Idee"

Diesen Eindruck teilten sowohl Präses Manfred Rekowski als auch die Delegierten aus den Kleeblatt-Kirchenkreisen und ihre internationalen Gäste. „Die Atmosphäre hier ist ausgesprochen dicht“, sagte Präses Rekowski, der den Samstagvormittag auf der Synode verbrachte, nachdem er gemeinsam mit Bischof Helmut Dieser einen ökumenischen Brief mit dem Aufruf zur Zusammenarbeit an katholische und evangelische Gemeinden unterzeichnet hatte. „Diese Synode war eine richtig gute Idee“, sagte Rekowski weiter. „Ich habe hier gemerkt, dass wir konfessions- und länderübergreifend als Christen unterwegs sind. Das rührt mich an und spricht mich an. Ich habe es sehr genossen, hier dabei sein zu dürfen.“

Internationale Partner beschäftigen sich ebenfalls mit dem Reformationsjubiläum

Pierre Adimi, der Vizepräsident der Ev. Kirche von Marokko äußerte sich ähnlich: „Diese Begegnung ist sehr reichhaltig, ich empfinde sie als einen großen Segen“, sagte er. „Die Menschen, die ich hier kennenlernen durfte, sind sehr angenehm und sympathisch, und es tut gut, mit ihnen unseren Glauben zu teilen.“ Auch die Ev. Kirche von Marokko beschäftige sich derzeit stark mit dem Reformationsjubiläum, unter anderem in einer Synode. In einem Kurs mit Studierenden an der Universität von Tanger habe er sich außerdem mit den vier „Soli“ Luthers auseinandergesetzt, die uns heute noch beträfen. „Für mich ist es bewegend, hier in Deutschland einmal an der Quelle der Reformation zu sein und Europäer über die Geschichte sprechen zu hören. Es waren immerhin ihre Vorfahren, die dies selbst erlebt haben“, sagte er.

Beratungen "ohne Bevormundungen und ohne Gefälle"

René Krüger aus Argentinien hatte am Freitag in seinem Hauptvortrag zu einer freien und bewussten Entscheidung für den Glauben und zur aktiven Teilnahme am Leben der Gemeinde aufgerufen. Er sagte, er finde es großartig, dass sich auf dieser Synode Christen aus vier Kontinenten „ohne Bevormundung und ohne Gefälle“ treffen konnten. „Die Reformationssynode – und allein der Name ist ja schon Programm – öffnet die Mentalität für die Situation, in der andere Menschen sich befinden“, sagte Krüger. „Ganz abgesehen von der Schlusserklärung – allein schon aufeinander zuzugehen, voneinander zu lernen und einander wahrzunehmen, auch das ist schon ein Ergebnis.“

Junge Leute bringen Leben in die Kirche zurück

In der Plenumsdiskussion, die von der Synoden-Präses Martina Wasserloos-Strunk geleitet wurde, kamen ebenfalls interessante Impulse von den internationalen Gästen. So fragte eine Delegierte aus Marokko kritisch, warum sich auf der Synode so wenige junge Menschen befänden. Reverend Karen Thomas-Smith, die Präsidentin der Ev. Kirche von Marokko, merkte dazu an, dass vor Jahren die damals überalterte und schrumpfende Kirche ihre Türen für junge Einwanderer aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara geöffnet habe, in der Meinung, diesen damit etwas Gutes zu tun. Dann habe sich herausgestellt, dass gerade diese jungen Leute das Leben in die Kirche zurückgebracht haben und sie nun auf eine Weise gedeihen ließen, die von den Verantwortlichen gar nicht vorhergesehen worden war.

Großes Gottvertrauen trotz schwerer Schicksalsschläge

Viele Aachener Delegierte schilderten im Gespräch, was sie von den Gästen schon hatten lernen können. „Am spannendsten finde ich es, von den internationalen Partnern zu hören, wie es in ihren Kirchen läuft“, sagte die 22-jährige Lisa Schroeder, eine der jüngsten deutschen Delegierten. „In Indonesien oder in Afrika sind die Menschen stolz auf ihren Glauben – hier nimmt man sich zurück und versteckt ihn.“ Und Pfarrerin Bärbel Büssow sagte: „Es beeindruckt mich, wie viele Christen in Indonesien, gerade auch hier die Gäste aus Nias, die viel Leid erlebt haben, vor allem durch den Tsunami, aber auch durch Korruption in ihrem Land, trotzdem ein solches Gottvertrauen haben. Und mit welcher Leichtigkeit und mit welchen einfachen, aber starken Worten sie ihren Glauben ausdrücken können.“

Schlusserklärung gekürzt und auf das Wesentliche konzentriert

So kam auch schließlich während der anstrengenden Plenumsdiskussion über die konkrete Formulierung der gemeinsamen Schlusserklärung der entscheidende Hinweis von einer Delegierten aus Namibia: Warum man nicht auf die lange und umständliche Einleitung verzichten und sich auf das Wesentliche beschränken könne, fragte sie zu Recht an und erntete die erleichterte Zustimmung der Anwesenden.

Die Schlusserklärung ist nun kurz und aussagekräftig. In ihr vereinbaren die Partner, sich gegenseitig wahrnehmen, füreinander zu beten, aufeinander zu hören und einander helfen zu wollen sowie die ökumenische Zusammenarbeit der Kirchen für ein gemeinsames Christuszeugnis auf allen Ebenen zu vertiefen. Außerdem wird die Umkehr zu einem einfachen und verantwortlichen Lebensstil angestrebt. Die Partner wollen sich darüber hinaus, im Bündnis auch mit anderen Organisationen, für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen.

 (Bericht und Bilder: C. Braun / Kirchenkreis Aachen)

Gottes Wort
kehrt nicht wieder leer
zu ihm zurück. Jesaja 55