Reformation 2017 in den Kirchenkreisen Aachen . Jülich . Gladbach-Neuss . Krefeld-Viersen

Hoffnung leben

Jesus spricht zu Marta: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? (Johannes 11,40)

Lazarus, ein Freund Jesu, ist gestorben. Trauernd bleiben die Schwestern Maria und Marta zurück. Marta schmerzt es, das Jesus nicht da war, als Lazarus im Sterben lag. Als Jesus endlich eintrifft, tritt sie ihm entgegen: »Wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben«. Keine ohnmächtige Wehklage, sondern ein Vorwurf, in dem Marta alle Wut und Enttäuschung über Jesus zusammenfasst. Sie überfällt Jesus mit diesem Satz  - aber er benutzt ihn als Sprungbrett zu einem leidenschaftlichen Glaubens­gespräch. Marta ist eine glaubensstarke Frau, und Jesus begegnet ihr ganz ebenbürtig.

»Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Glaubst du das«?

Und Marta reagiert mit einem Glaubensbekenntnis, das im Neuen Testa­ment auf einsamer Höhe steht: »Ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist«.

Dann wird geschildert, wie Jesus ans Grab des Lazarus tritt und ihn ins Leben zurückruft. Um ein Zeichen zu geben, an dem alle erkennen sollen, dass er der von Gott Gesandte ist. Die Trauergäste brauchen ein Zeichen, um glauben zu können. Marta hat dieses Zeichen nicht nötig. Sie trägt den Glauben bereits in ihrem Herzen, Jesus erinnert sie daran.

Die ganze Geschichte ist das vorgeholte Osterereignis, das bald folgen soll und das wir in diesem Monat April feiern. Die Geschichte der Auferweckung des Lazarus beschreibt auf wunderbare Weise die Verwandlung, die Reformation menschlichen Seins in der Begegnung mit Gott.

Die Begegnung mit dem Christus ist immer eine Befreiung.
Lazarus erfährt diese Befreiung am eigenen Leib.Martha erfährt die Befreiung ihres Glaubens, weil Jesus ihren Blick wendet vom Tod, dem sie verfallen scheint - zum Leben hier und jetzt. Sie glaubt wohl an die Auferstehung der Toten zum ewigen Leben. Aber an die Möglichkeiten Gottes im Leben glaubt sie nicht mehr. Jesus öffnet ihren Blick, befreit sie zum Leben.
Und die Menschen ringsum, so erzählt die Geschichte, werden befreit zum Glauben an Jesus Christus, von dem Heil ausgeht.

Es ist die selbe Befreiung, die Martin Luther in seiner Erkenntnis der sola gratia, allein aus Gnade und der sola scriptura, allein die Schrift empfunden hat. Sola Christus,  allein durch Jesus Christus und sola fidei, allein aus Glauben leben wir.

Gnade - kommt mir entgegen.
Die Bibel  - sagt mir was.
Jesus Christus - Gott will bei mir wohnen.
Glaube – tut mir gut.

In Gottesdiensten und Schulen der Reformation haben die Protestanten über Jahrhunderte so das Leben eingeübt, wie es sich allein aus der Schrift ableiten lässt.

Kein Mensch soll mehr unfrei sein.
Kein Mensch soll sich mehr beugen müssen vor den Herren der Welt.
Kein Mensch soll mehr in Unfrieden leben und unter Ungerechtigkeit leiden.
Jeder Mensch soll erfahren die befreiende Kraft der Liebe Gottes.
Jesus Christus als Erkenntnis in das, was wir zum Leben brauchen.
»Hoffnung Leben«. Hier und jetzt.
Lazarus wird nicht in ein ewiges Leben hinein auferweckt, sondern er kehrt in das irdische Leben zurück mit all seinen persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen.

»Ich bin die Auferstehung und das Leben.«
Jesus reißt die Zukunft in die Gegenwart. Das Licht scheint in der Finsternis.
»Lazarus, hier­her! Heraus!«

Das ist der Osterruf Gottes inmitten einer vom Tode gezeichneten Welt.
Ich bin die Auferstehung. Und wer sich an mich hält, wird mit mir leben.

»Glaubst du das?«, fragt Jesus die Martha.
Die Frage geht durch und durch. »Glaubst du das«?
Jesus sagt nicht, später, sondern jetzt ist die Zeit der Erfüllung. Jetzt ist die Zeit der Veränderung. Glaubst du das?

In der Begegnung mit Gott liegt eine Kraft zur Veränderung aller Verhältnisse. Jetzt.
Gerechtigkeit und Frieden jetzt. Liebe, Achtung und Würde jetzt.
Jetzt wollen junge Menschen spüren, dass sie angenommen und nicht für die Zukunft unbrauchbar sind.
Jetzt wollen die Menschen in den Booten auf dem Mittelmeer erfahren, dass sie bei uns  willkommen sind.
Jetzt wollen die Flüchtlinge in Marokko studieren und zurück in ihrer Heimat am Aufbau ihres Landes teilnehmen.
Jetzt wollen die Hungernden der Welt Brot und Auskommen für ihre Kinder und ein Klimas der Gerechtigkeit.

Jetzt. Und Jesus gibt es ihnen. Jetzt.
Gottes Menschfreundlichkeit jetzt. Sein Trost, seine Lebensfreude jetzt.
In der Begegnung mit Gott liegt eine Kraft zur Befreiung aus allem, was Menschen fesselt und nicht zur Entfaltung kommen lässt. Jetzt.
»Hoffnung Leben« - Jetzt.
Reformation, Verwandlung des Lebens - Jetzt.
Und immer wieder neu.

Hoffnung Leben heißt: Ihm begegnen. Und damit seinen Möglichkeiten eines Lebens in Frieden und Gerechtigkeit.
Verwandlung des Lebens heißt: Ihn zu erleben, seinen Trost, seine Anteilnahme an meinem Leben - in Trost und Zuspruch, in Vergebung und Bestätigung meiner Selbst.
Reformation heißt: Ihm nachfolgen. Hin zu den Ausgegrenzten, zu den kleinen Leuten, zu denen, mit einem anderen Zugang zum Glauben, denen er in Toleranz und Achtung ihres Glaubens begegnet. Hin zu den Mächtigen, um ihnen furchtlos entgegenzutreten und Gerechtigkeit und Menschlichkeit einzufordern und die Umkehrung der Verhältnisse, wenn Menschen leiden und krepieren an Größenwahn, Gier und menschlicher Selbstüberschätzung.
Reformation – Verwandlung des Lebens. Wo Menschen Gott begegnen, sind sie wie verwandelt.

Auf die Liebe, die Gott uns Menschen in seiner Gnade entgegenbringt, erwächst unsere Liebe zu Gott und Jedermann und Jederfrau.
Auf die Gnade, mit der Gott jeden Menschen befreit, folgt die  Sehnsucht nach der Freiheit eines jeden Menschen, egal welcher Abstammung, Herkunft religiöser Prägung oder geschlechtlicher Neigung.
Auf Gottes Wort, überliefert in Schrift und Auslegung, folgt unsere Leidenschaft für Gottes frohmachende, freimachende Botschaft.

»Ich glaube, dass du bist Christus, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist«.

Dieses Bekenntnis des Glaubens hat die Gemeinden der Reformation Schulen bauen lassen und Menschen den aufrechten Gang gelehrt. Diese Hoffnung hat evangelische Christen seit dem ermutigt und befähigt, handelnd tätig zu werden in dieser Welt und das eigene Leben in den Dienst am Nächsten zu stellen. Nur so wird Gottes Reich schon heute erfahrbar.

Da steht ein Totgeglaubter wieder auf. Geht aus dem Grab heraus, dorthin, wo Leben ist. Für die Menschen um Jesus, für die ersten Gemeinden nach seinem Tod war klar, dass Gott die Kraft hat, den Tod zu besiegen. Das eigentliche Wunder ist, dass dieser Glaube durch alle Jahrhunderte trägt und hält. Solcher Glaube erhält das Leben. Gelebte Reformation. Amen!

Ihr Superintendent
Pfarrer Jens Sannig
Kirchenkreis Jülich

Gottes Wort
kehrt nicht wieder leer
zu ihm zurück. Jesaja 55

Pfarrerin Friederike Lambrich

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